
2. Fastenpredigt
Wer das Buch Jona in der Bibel genauer liest, wird sehr schnell merken, dass darin keine geschichtliche Gestalt vorgestellt wird, sondern der Autor dem Leser einen Spiegel vorhält. Wer sich auf diese Erzählung einlässt, der begreift, dass Jona eine Gestalt ist, die uns allen zum Verwechseln ähnlich sieht. Pater Maximilian Wagner hielt unter dem Motto „Licht am Ende des Tunnels – Das mich Verschlingende kann mich retten …“ die zweite Fastenpredigt des Jahres.
Das zweite Kapitel des Jona-Buches, dem sich die Fastenpredigt widmete, beschreibt die Todesangst und einen überdimensionierten Fisch, der auch viele Künstler inspiriert hat. Jeder kennt aus Albträumen die Angst, ins Bodenlose zu fallen, dem Ertrinken nahe zu sein oder von einer unheimlichen Macht verschlungen zu werden. „Wenn wir die Geschichte des Jona hören oder lesen, fühlen wir uns in sie hinein und erkennen in ihr unsere ganz persönlichen Ängste und vielleicht schon durchlebten Nöte“, so Pater Maximilian. Man könne sich kaum eine Situation vorstellen, die hoffnungsloser ist als die, in der sich Jona in diesem Augenblick befindet; denn mit dem Schiff fahren alle seine Hoffnungen dahin und er bleib einsam in den Tiefen des Meeres zurück. Doch mitten in seinem ausweglosen Schicksal verschlinge ihn ein Seeungeheuer und nehme ihn so in sich auf. „Es gibt keinen Fisch, der Jona hätte verschlingen können. Kein Hai ist groß genug und ein Wal hatte einen zu kleinen Schlund, einen Menschen lebendig zu verschlucken und wieder auszuspeien“, betonte der Pater. Daher mute die Geschichte ein wenig wie ein Märchen an, doch es sei nicht wichtig, um welche Art von Fisch es sich dabei handelte. Wichtiger sei es, dem Fisch, der durch Gottes Fügung daherkommt, die Aufmerksamkeit zuzuwenden: „Er kann uns nämlich helfen, die schwersten Stunden unseres Lebens ein wenig zu verstehen.“ Daher habe dieser Fisch in Kunst und Literatur so viel Beachtung gefunden.
Menschen seien erst in Notsituationen bereit, ihr oberflächliches Leben aufzugeben. „Wer hätte vor kurzem gedacht und für möglich gehalten, dass einmal eine Pandemie die ganze Welt in Angst und Schrecken versetzt, so viele Todesopfer fordert und unser Leben so massiv einschränkt, wie seit einem Jahr das Corona-Virus?“, fragte der Fastenprediger. Betrachte man die Karten des Robert-Koch-Instituts, entstehe der Eindruck, als ob das tödliche Virus-Monster die ganze Welt verschlingen wolle. Hoffnungsbilder sollen helfen, die schwere Zeit der Kontaktbeschränkungen und des Lockdowns auszuhalten und eine positive Vision für danach zu entwickeln. „Ein Licht am Ende des Tunnels ist zu sehen, wenn die Impfungen uns hoffentlich bald alle immunisieren und beschützen. Wir fühlen uns wie im Krieg gegen eine unsichtbare, heimtückische Macht“, sagte der Pater. Er frage sich, was Gott mit dieser Plage sagen wolle: „Können wir in Covid-19 etwas entdecken, das wie der rettende Fisch den Jona auch uns ans sichere Land bringt?“ Antworten darauf finde der Mensch wohl erst, wenn er wieder Land sehe und in Sicherheit sei. „Ob nun Corona, Krankenhaus oder Gefängniszelle – es sind nur verschiedene Namen für den Fischbauch, der Jona einerseits vor dem sicheren Tod durchs Ertrinken bewahrte, ihn andererseits aber einen schmerzhaften Reifungsprozess durchmachen ließ“, meinte der Franziskanerpater. Weil Jona im Bauch des Fisches sein Leben von Gott her überdachte, sei er zur Umkehr und Heimkehr gekommen: „Er wusste, dass es nichts Schlimmeres gibt, als Gott davon zu laufen und sein Glück in der Gottferne zu suchen.“
Die Schilderung von Jona im Fischbauch sei ein Gleichnis des menschlichen Lebens und eine von Gott gegebene Anleitung zur Bewältigung von Lebenskrisen: „In dem Moment, da wir zu unserem Gewissen zurückkehren, haben wir wie Jona wieder Land unter den Füßen. Eine neue Welt tut sich auf, und ein neues Leben kann beginnen.“ Die Hoffnung lehre, auch dann noch an das Licht zu glauben, wenn uns scheinbar nur noch Finsternis umhüllt. „Erst wenn wir uns dem Dunkel stellen, wird uns der Schritt ins Licht geschenkt“, betonte Maximilian Wagner.
Abschließend zitierte er den heiligen Franz von Sales: „Wenn du einmal recht mutlos und niedergeschlagen bist, dann denk an Jona: Er kam sogar aus dem Bauch des Walfisches heraus.“ Die nächste Fastenpredigt aus der Reihe „Das Zeichen des Jona“ hält am Sonntag, 7. März, um 14 Uhr Pater Maximilian unter dem Titel „Der Countdown läuft … –„Wie viel Zeit bleibt mir noch?“
Text und Bilder: Gerd Klemenz