
Heeresmusikkorps Veitshöchheim spielt für die Glocken
Seit Bestehen des Musiksommers Obermain des Landkreises Lichtenfels erlebten am Sonntag die Zuhörer eins der schönsten Konzerte in der Basilika Vierzehnheiligen. Das Heeresmusikchor Veitshöchheim unter der Leitung von Oberstleutnant Roland Kahle und mit Basilikaorganist, Hauptmann der Reserve Georg Hagel, überraschten mit einem neuen Projekt: Konzertante Blasmusik in Verbindung mit der Orgel. Als Sopransängerin begeisterte auch die Schülerin der Musikhochschule Würzburg Anja Stegmann. Über das ungeschriebene Gesetz, dass man in einer Kirche eigentlich keinen Beifall spendet, auch nicht bei Konzerten, setzte sich das Publikum erst nach dem zweiten Stück hinweg. Das Benefizkonzert „Orgelglanz und Bläserpracht“ fand zugunsten der Glockensanierung statt.
Beim Psalm XIX von Benedetto Macello (1686-1739) verbreitete sich eine faszinierende Stimmung im Kirchenschiff. Die Klänge der verschiedenen Blasinstrumente im Wechsel zur Orgel kamen voll zur Geltung. Das hoch disziplinierte Ensemble folgte ihrem Dirigenten in verschiedenen Tonarten und Tempi. Die Präzision im Zusammenspiel, aufeinander hören, Leidenschaft für ein gemeinsames Ziel, Balance zwischen Individualität und Geschlossenheit – das waren entscheidende Faktoren des erfolgreichen Konzerts.
Aus den von 1892 bis 1898 erfolgten Komposition von Balladen und Liedern von Gustav Mahler (1860-1911) wählte Kahle „Des Knaben Wunderhorn“. Brillanz und Virtuosität des Orchesters vereinte sich mit Voglers leicht dunkel timbrierten Sopran, den sie bis in die höheren Mezzo-Regionen bruchlos gestaltete.
Mit unglaublicher Technik und ungewöhnlichen Registrierungen interpretierte Hagel die vielfarbige Klangwelt Louis Viernes (1870–1937). Aus den „24 Pièces de Fantaisie“ spielte er „Carillon de Westminster“. Über einem Orgelton entfaltete sich eine einfache Melodie, im Bass eine chromatische Bewegung, unglaublich schlicht und wirkungsvoll mit schönen Klangfarben. Gut zu hören war das Auf und Ab der züngelnden Irrlichter, die sich noch steigerten. Eine Hand spielte das Geläute der kleinen Glocken, immer lauter und mächtiger schwollen die Klänge an, das Hauptthema – die tiefen Glockenschläge – war körperlich zu spüren. Den Extraapplaus hatte sich der Basilikaorganist verdient.
Wunderbar interpretierte Anja Stegmann den melancholischen „Gabriellas Song“, der durch das schwedische Musikfilmdrama „Wie im Himmel“ bekannt wurde und musikalisch den Befreiungswunsch einer Frau aus häuslicher Gefangenschaft beschreibt. Ihrem Ruf als „Big Band“ wurde das Heeresmusikchor Veitshöchheim mit Andrew Lloyds Webber (*1948) „Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat“. Ein Musical, in dem die Geschichte von Joseph und seinen neidischen Brüdern in mitreißenden Rock-Songs und unter die Haut gehenden Choreographien erzählt wird. Die ehrwürdige Basilika bebte unter Trommelwirbeln und Trompetensoli.
Ein Highlight und Schluss des offiziellen Programms war der Popsong „Halleluja“ von Leonard Cohen, bei dem die Sängerin ihre Zuhörer völlig in Ihren Bann zog. Stehend applaudierten die Zuhörer und als Organist Hagel geschwind von der Orgelempore zum Altar eilte, verstärkte sich noch einmal der Beifall. Kein Wunder, dass die Zuhörer eine Zugabe forderten. Beim „Pie Jesu“, ein Requiem von Andrew Lloyd Webber, erleuchtete die Abendsonne das Gesicht der Sängerin und vergoldete ihre Stimme. Majestätische Orgelklänge aus der H-Moll-Messe von Johann Sebastian Bach (1685-1750) ertönten bei der zweiten Zugabe. Der Organist webte über Emporen, Gnadenaltar und musizierenden Soldaten einen dichten barocken Klangteppich.
Text und Bild: Andreas Welz