
Die Franziskaner in Pandemiezeiten
Seit mittlerweile einem Jahr hat uns die Corona Pandemie fest im Griff und der Lockdown geht weiter. Gottesdienste in Bayern sind nur mit strengen Hygiene-Regeln möglich. In Vierzehnheiligen hat man sich dabei bisher bewusst gegen Streaming-Gottesdienste entschieden, da das öffentliche Fernsehen qualitativ hochwertige und abwechslungsreiche Sonntagsgottesdienste anbietet. Außerdem geben es die technischen Möglichkeiten auf dem heiligen Berg nicht her.
Am 13. Januar veröffentlichte die bayerische Landeskirche zuletzt umfassende aktualisierte Empfehlungen, am 20. Januar verordnete die bayerische Landesregierung zudem eine FFP2-Maskenpflicht für Gottesdienste sowie neue Bestimmungen für die Gesamtbesucheranzahl. Wie überall wurden im Herbst auch in Vierzehnheiligen zu den Sonntagsgottesdienste die Anmeldepflicht eingeführt, um so eine Kontaktpersonen-Nachverfolgung für das Gesundheitsamt zu gewährleisten und zum anderen Ärger und Streit an der Kirchentür zu vermeiden, falls bei zu hoher Nachfrage jemand nicht mehr in die Kirche gelassen werden konnte. Insgesamt stehen in der Basilika bis zu 160 Sitzplätze für die Gottesdienstbesucher unter Corona-Bedingungen bereit.
„Inzwischen ist die Zahl der Gottesdienstbesucher so überschaubar geworden, dass wir von einer Anmeldung bis auf Weiteres absehen. Vor der Karwoche und Ostern werden wir neu überlegen müssen, eventuell wieder über ein Anmeldesystem die Besucherzahlen zu regeln, um die zur Verfügung stehenden Plätze der Basilika in allen Gottesdiensten gleichmäßig zu verteilen“, erklärt der neue Guardian Pater Maximilian Wagner. Der Lockdown und dessen Auswirkungen verändern natürlich auch das Leben der Franziskanerpatres im „fränkischen Bethlehem“. „Seelsorge lebt ganz wesentlich von sozialen Kontakten, die wie überall stark eingeschränkt sind. Auf Provinzebene kommunizieren wir mit unseren Mitbrüdern in Konferenzen digital über die sozialen Medien. Unsere Gottesdienste sind bedeutend schwächer besucht als bisher, doch mit Orgel und Vorsänger weiter liebevoll und attraktiv gestaltet“, berichtet Pater Maximilian. „Klostergäste fallen derzeit wegen Infektionsschutz weg. Im Winter ist es hier immer etwas ruhiger und beschaulicher. Kirchenführungen sind aktuell nicht angefragt. Trotzdem geht die Seelsorge hier weiter, wenn auch in kleineren Zahlen. Der Infektionsschutz und die Einhaltung der Corona-Regeln sind uns wichtig, sowohl in unserer Hausgemeinschaft als auch in der Basilika. Wir tragen Verantwortung für die eigene Gesundheit und die der anderen“, so der Guardian.
Die meisten Brüder im Haus gehören schon wegen ihres Alters (vier sind über 80 Jahre alt) oder bestimmter Vorerkrankungen einer Risikogruppe an, Vorsicht und Rücksicht sind also geboten, auch wenn die Patres spirituell gelassen mit der Gefahr umgehen und sich nicht aus Angst ganz zurückziehen und verschanzen. „Wir haben das Glück, dass wir noch Gottesdienste anbieten können, in manchen Bundesländern und Klöstern ist und war das lange nicht möglich aufgrund des Infektionsgeschehens. Das Kloster bietet aber auch einen gewissen Schutzraum. Wir sind an unserer Arbeitsstelle daheim und haben daher schon Erfahrungen mit Homeoffice. Durch den Wegfall von Terminen entstehen Freiräume, die wir als Gemeinschaft nutzen füreinander und für Gartenarbeit, Studium und Gebet. Manche Hobbys und Reisen sind derzeit unangebracht. Wir freuen uns wie alle auf normale Zeiten“, so der Franziskanerpater. „Die ständig neue Corona-Situation mit den wechselnden Regeln und Herausforderungen lässt bisweilen den Eindruck entstehen, dass man für die Hälfte des (unter normalen Bedingungen) Geschafften jetzt oft die doppelte Zeit benötigt.
Corona macht was mit uns und zwingt uns zur Konzentration auf das Wesentliche. Der Mehraufwand liegt in der Verwaltung der Strukturen und in der Umsetzung und Anpassung von Schutzkonzepten sowie der Entwicklung von alternativen Möglichkeiten“, fügt der Guardian an. Das anstehende Wallfahrtsjahr ist geplant, als ob es Corona nicht gäbe. Trotzdem wird es die nahe Zukunft zeigen, was geht und was nicht. Die Wallfahrer fehlen dem Gnadenort sehr, zumindest Einzelpilger und kleinere Wallfahrtsgruppen kamen im Sommer. „Gottesdienste in einer vollen Kirche mit Blaskapelle und freudigem Volksgesang (beides geht derzeit nicht) und das jährliche Treffen der Pilger, die in Scharen seit Jahren treu kommen und von ihren Wegerfahrungen berichten, fehlen uns sehr“, bedauert der Franziskanerpater. „Da sind über die Jahre echte Freundschaften und Vertrautheit gewachsen. Wir hoffen, dass das bald wieder möglich ist. Mit den Wallfahrtsführern besteht weiterhin ein reger Kontakt. Sie überlegen selber aktiv und kreativ mit, wie trotz der Corona-Einschränkungen zunächst „Wallfahrten light“ möglich sind. Übernachtungs- und Verpflegungsmöglichkeiten müssen gegeben sein, wenn sich Pilger wieder in großen Mengen auf den Weg machen“, fügt er an. „Wir planen die Wallfahrt 2021 optimistisch und hoffen, dass durch die Impfungen im Sommer schon eine gewisse Entspannung der Situation eintritt. Corona hat uns gelehrt, dass langfristige Planungen derzeit nicht möglich sind. Aber wir werden das Wallfahrtsjahr wie gewohnt am Sonntag, 25.04. eröffnen und in dem Rahmen, den uns die Corona-Beschränkungen setzen, durchführen“, so der „Rector ecclesiae“ der Wallfahrtsbasilika.
Das Leitwort für das kommende Wallfahrtsjahr lautet „Gott gab uns Atem, damit wir leben“. Corona lehrt uns, einen langen Atem für anstehende Projekte zu haben. „Der Atem ist ja unser göttlicher Begleiter im Leben, was uns oft erst bewusst wird, wenn uns mal die Puste ausgeht oder die Luft wegbleibt. Davon können Wallfahrer, die nach einem langen Pilgerweg den Endspurt auf den heiligen Berg vor oder hinter sich haben, ein Lied singen“, erklärt Pater Maximilian. Das Fehlen der Pilgerscharen spüren finanziell in erster Linie neben der Kulturszene und dem Einzelhandel auch die Beherbergungsbetriebe und die Gastronomie. „Wir Franziskaner haben auf dem Kreuzberg in der Rhön und auf dem Engelberg (Spessart) Wirtschaftsbetriebe, dazu Bildungs- und Meditationshäuser in Dietfurt, Hofheim und Haus Ohrbeck bei Osnabrück im Shutdown vorübergehend schließen müssen. Da fehlen uns Einnahmen, viele Mitarbeiter mussten in Kurzarbeit.
In Vierzehnheiligen entbehren wir Einnahmen durch nicht stattfindende Kirchenführungen, fehlende Seelsorge-Aushilfen, Klostergäste, Spenden und Gelder in den Opferstöcken, mit denen die Kirchenstiftung ja auch laufende Betriebskosten bezahlt“, so der Geistliche. Die Spendenfreudigkeit der Leute hält sich in unsicheren Zeiten nachvollziehbar in Grenzen. „Wegen der noch offenen Rechnungen des Glockenprojekts im fünfstelligen Euro-Bereich musste die Kirchenstiftung jetzt einen Kredit aufnehmen. In normalen Zeiten hätten die Wallfahrer und die Basilikabesucher das Glockenprojekt engagiert mitfinanziert, so dass es inzwischen wohl nahezu abbezahlt wäre“, so der Guardian. „Unabhängig von der Wallfahrt haben wir ja auch sonst – von dem harten 1. Lockdown um Ostern 2020 abgesehen – unsere seelsorgerlichen Angebote aufrecht erhalten und waren für viele erreichbar und ansprechbar. Ich bin erst seit Januar hier, weiß aber von meinen Mitbrüdern, dass sie treu und zuverlässig ihre Dienste erfüllt haben und die entstandenen Freiräume für geistliche Lektüre, Spaziergänge und Seelsorge am Telefon nutzten. Unser klösterliches Leben beansprucht ja auch Zeit und gibt einen festen Rahmen, der in Krisenzeiten hilft, dem Tag eine feste Struktur zu geben“, so Pater Maximilian zum Schluss. Wegen Corona gab es kein persönliches Treffen vor Ort.