
Fastenpredigt in Vierzehnheiligen
Man findet kaum jemanden, der beim Namen Jona nicht gleich weiß: Das ist doch der mit dem Fisch. Die Geschichte, um die es geht, rührt an und prägt sich ein. Einmal gehört, vergisst man sie so schnell nicht mehr.
Pater Maximilian Wagner hielt unter dem Motto „Jona und sein Ninive – Es ist zum Davonlaufen“ die erste Fastenpredigt des Jahres. Das Buch Jona ist in vielfacher Hinsicht ein Buch der Superlative. In der Bibel ist es mit seinen vier Kapiteln das kürzeste Schriftwerk von allen. Kein anderes Buch der Heiligen Schrift übertrifft dieses an hinterhältigem Witz und versteckter Ironie. Neben den Psalmen hat kein anderes Buch so zahlreiche literarische Verarbeitung bis in die Moderne erfahren.
Die Jona-Geschichte ist eine sprachliche Meisterleistung. Zu Beginn seiner Predigt versetzte sich Pater Maximilian einen Augenblick in Jona. Dabei fragte er sich, wie es ihm erginge, wenn Gott ihm zumutete, anderen eine unangenehme Nachricht zu überbringen. „Ich hätte auch keine Lust, in eine große fremde Stadt zu reisen, um dort den bevorstehenden Weltuntergang zu verkündigen und den Leuten mit einer Droh- statt mit einer Frohbotschaft entgegen zu treten.“ Es gab tatsächlich den Propheten Jona im 8. Jahrhundert vor Christus am Hof des Königs Jerobeam II. im Nordreich Israel. Davon berichtet das zweite Buch der Könige. „Es geht unserem Verfasser also gar nicht um die Darstellung einer bestimmten Figur. Vielmehr wollte er eine Gestalt mit einem allgemein menschlichen Charakter schaffen, damit wir uns selber wie in einem Spiegel in ihr wiedererkennen können.“
Ninive war die Hauptstadt des Assyrerreiches (heute Irak) und hatte den Rang einer Weltstadt. Doch als die Jona-Geschichte im 4. Jahrhundert vor Christus entstand, war diese Stadt schon längst ein Trümmerhaufen. „Das Ninive, von dem die Jona-Geschichte erzählt, existiert, solange es Menschen gibt. Es besteht also auch heute noch. Denn dieses Ninive liegt überall dort, wo es nicht um das Wohl des anderen geht.“ In Ninive, so waren die Juden überzeugt, war das Böse zu Hause. Ninive stand als Symbol für die Hölle auf Erde. „An der Sendung Jonas nach Ninive wird deutlich: Gott interessiert sich für dieses Ninive. Gott will eine Brücke schlagen, zu dieser höllischen Stadt. Gott hat mit dieser Stadt etwas vor. Jonas Geschichte will uns nämlich bewusst machen, wo unser ganz persönliches Ninive liegt, vor dem wir ständig auf der Flucht sind.“ Es gehe gar nicht in erster Linie um die Rettung von Ninive, sondern um die Rettung von Jona, der ein anderer werden solle, der verwandelt werden wolle auf dem Weg nach Ninive, durch die Begegnung mit den Fehlern der anderen, in denen er seine eigene Boshaftigkeit entdeckt. „Die Bibel will ein großer Wecker sein, um uns aus dem Schlaf der Sicherheit in die Wirklichkeit Gottes zurückzuholen.“
Flucht geschieht immer aus Angst vor der Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit. Jona flieht lieber ans Ende der Welt als dorthin zu gehen, wovor er Angst hat. Wie viele flüchten vor ihren Problemen, weil „es zum Davonlaufen …“ ist? Jona sei uns in dieser Situation nicht fremd. „Oft sind es nämlich die Dinge, die etwas Unangenehmes an sich haben, die wir vor uns herschieben“, so der Pater. Manch einer flüchtet in die Arbeit oder benutzt den Alkohol, um vor seinen Problemen zu fliehen. Manchmal flüchten wir auch in die Resignation, ziehen uns wie Jona die Decke über den Kopf, würden am liebsten die Welt und alle Probleme in ihr ignorieren. Aber wer flieht, verfehlt sein Ziel und das nennt die Bibel Schuld. „Fliehen vor Problemen, vor Gott und vor Verantwortung führt uns nie besonders weit und manchmal muss uns Gott einen heftigen Sturm schicken, bis wir unsere Fluchtwege endlich einsehen. „Es ist zum Davonlaufen …“.
Wovor flüchte ich? Kenne ich meine Fluchtwege? Wenn Gott mich ruft und mir eine Aufgabe zutraut, gibt er mir auch die Kraft, sie zu meistern. Vertrauen wir darauf“, so Pater Maximilian zum Schluss. Die nächste Fastenpredigt aus der Reihe „Das Zeichen des Jona“ hält am Sonntag, 28. Februar, um 14 Uhr Pater Maximilian unter dem Titel „Licht am Ende des Tunnels – Das mich Verschlingende kann mich retten …“
Text und Bild: Gerd Klemenz