
Nachtführung in Vierzehnheiligen
Sehr gut besucht waren die beiden ersten Nachtführungen zum Motto „Ein Haus voll Glorie schauet“ bei dämmrigem Licht in der Basilika. Sie läuteten den Auftakt des Jubiläumsjahrs 2022 in Vierzehnheiligen ein. Die nächsten Veranstaltungen dieser Reihe zum Thema „Altäre in der Basilika“ finden am 23. beziehungsweise am 25. Februar jeweils um 20 Uhr statt. Bei der Nachtführung geht es darum, nicht das gewohnte, prachtvolle Gesamtbild der Basilika auf sich wirken zu lassen. Vielmehr können die Interessierten die Figuren und Bilder vor dem dunklen Hintergrund in einem anderen Licht betrachten. Einzelheiten treten dabei in den Vordergrund und werden beleuchtet. Hierzu verfügt die Basilika seit über zehn Jahren über eine besondere Beleuchtungsanlage, mit der man bestimmte Heiligenskulpturen beleuchten und Details anstrahlen kann. So leuchtet dem Betrachter buchstäblich ein, welche Gedanken den Erbauer und Gestalter der Basilika bewegt haben. An vier Stellen hielten die Besucher dafür inne, um sich von der Beleuchtung und stimmungsvoller Orgelmusik ansprechen zu lassen. Im Mittelpunkt der Erläuterungen von Franziskanerpater Dietmar Brüggemann stand der Nothelferaltar. „Es ist dunkel in der Welt des Jahres 1445 und die Pestepidemie hat Europa fest im Griff. Die Kernbotschaft der Kirche von der Menschwerdung Gottes tritt zurück hinter einer großen Verehrung von Reliquien“, erklärt der Pater. Johannes Gutenberg druckte in Mainz erste Ablassbriefe, mit denen sich Menschen ihre Erlösung erkaufen konnten. „In dieses Dunkel fällt am Abend des 24. September 1445 das kleine Licht von Vierzehnheiligen: Ein Kind erscheint auf einem Hirtenfeld“, erklärt der Franziskanerpater und die Erscheinungsstelle wird beleuchtet. Neun Monate später, am 28. Juni 1446 erscheint es wiederum, dieses Mal begleitet von 14 kleineren Kindern, die sich dem Schäfer Heinrich Leicht vorstellen. Beleuchtet wurde dazu das kleine Erscheinungsfresko von Giuseppe Appiani das die Szene zeigt, und von der Basilikaorgel erklang das Nothelferlied. Der größte Teil der Stuckarbeiten des Gnadenaltars über der Erscheinungsstelle, ist ein Werk des Wessobrunner Stuckateurs Johann Michael Feichtmayr und seiner Werkstatt. „Wie eine transparente Brunnenskulptur erscheint der Altar – über der Quelle, der Erscheinungsstelle erbaut“, sagte der Pater. „Aus dieser Quelle schießt eine unsichtbare Fontäne empor, deren Wasser sich über die drei Etagen des Altars, durch die Heiligen hindurch zu den Menschen ergießt.“ Dazu war der Gnadenaltar als Ganzes beleuchtet. Dann wurden einige Nothelfer einzeln beleuchtet – insgesamt sind es drei Frauen und elf Männer. Den Anfang machte der heilige Blasius. Seine gekreuzten Kerzen stehen für seinen besonderen Segen, der den Menschen gilt, die unter Krankheiten der Atemwege leiden. „Wenn wir uns in dieser Corona-Zeit seiner Fürbitte anvertrauen, dürfen wir an die vielen Menschen denken, die von Covid-19 betroffen sind“, sagte Pater Dietmar. Nun wurde die Heilige Margareta beleuchtet. „Barbara mit dem Turm, Margareta mit dem Wurm, Katharina mit dem Radl – ihr heiligen drei Madel“, so fasst der bayerische Volksmund die heiligen drei Frauen unter den Nothelfern zusammen, erklärt der Franziskanerpater. Es folgten der heilige Georg, der heilige Aegidius – der einzige unter den 14 Nothelfern, der kein Märtyrer war, und der heilige Euchstachius. „So wirken alle 14 Nothelfer auf der einen Seite als Fürbitter für die, die ihre Hilfe anrufen. Darüber hinaus bringen die Nothelfer heilende und helfende Kraft zu einem christlichen Lebensstil, wie der heilige Christophorus“, so Pater Dietmar Brüggemann. Dabei seien die Nothelfer nicht nur „ein geistlicher Rettungsdienst, den wir in brenzligen Situationen anrufen können.“ Dann erstrahlte das zentrale Fresko der Basilika – die 14 Heiligen in der Glorie des Himmels. Die Nothelfer umringen in der Darstellung die blau gewandete Gottesmutter mit dem Jesuskind an der Seite der heiligen Dreifaltigkeit. Es war, als würde sich die Decke der Basilika öffnen, als eine festliche Orgelmusik von der Empore herab erklang. „In unserer Basilika gibt es einen Zufluchtsort – die kleine Kerzenkammer. Man könnte sie auch die Dunkelkammer Gottes nennen, in der wie bei der alten Fotografie aus dem Negativ etwas Positives entsteht, und belichtet wird“, sagte Pater Dietmar. „Dahin kannst du dich mit deinem Dunkel verkriechen, eine Kerze anzünden, und auch da leuchten sie im Glasfenster, die 14 Nothelfer, als die, die das Dunkel mit dir aushalten.“ Und dann gibt es in der Basilika noch einen 15. Nothelfer – der heilige Antonius von Padua, der an jedem Dienstag in Vierzehnheiligen verehrt und angerufen wird. Das Altarbild zeigt den heiligen Antonius, der das Jesuskind auf dem Arm trägt. Nun wurde das Gemälde von Paul Plontke beleuchtet. Was den heiligen Antonius mit den 14 Nothelfern verbindet, ist das Jesuskind, wie Pater Dietmar erläutert. Dazu erstrahlte das Jesuskind auf dem Gnadenaltar. „Was wären die 14 Heiligen ohne das Jesuskind in ihrer Mitte. Mitunter vergessen wir bei der Anrufung der Nothelfer, dass das Jesuskind dazugehört. Diesem Kind sind die Heiligen gefolgt, als sie das Kreuz des Martyriums auf sich genommen haben“, fügte der Pater an. Nun wurde am Hochaltar die heiligste Dreifaltigkeit beleuchtet. „Hier tritt Christus für uns alle ein, damit auch wir dereinst bei ihm unser Leben mit all unseren Brüchen und unserem Gelingen bergen können und gemeinsam mit den Nothelfern“,betonte der Geistliche. Dafür solle die Basilika ein Wegweiser und ein Bild der Hoffnung sein, wie es das Leitwort für das Wallfahrtsjahr und das 250-jährige Jubiläum der Basilika sagt: „Seht, Gottes Haus auf Erden. Verborgen ist er da.“ Zum Finale erklang von der Rieger-Orgel „Ein Haus voll Glorie schauet.“ Pater Dietmar Brüggemann bedankte sich beim Basilikamesner Tobias Hartmann für die Lichtgestaltung sowie bei den Organisten Dr. Markus Blomenhofer und Georg Hagel für die musikalische Begleitung.
Bilder & Text: Gerd Klemenz