
Passionssingen in Vierzehnheiligen 2018
Passionssingen hat eine lange fränkische Tradition. Sie sind Teil der kulturellen Identität. Im Passionssingen wird nicht nur vorösterliches Brauchtum vorgestellt, es soll auch religiöses Erleben sein. Musik, Gesang und Gebetstexte machten am vergangenen Sonntag in der Basilika Vierzehnheiligen das Leben, Leiden und Sterben Jesu Christi vom Abendmahl bis zur Kreuzigung in fränkischer Weise lebendig. Zur „Fränkischen Passion“ hatten die Franziskaner und die Arbeitsgemeinschaft Fränkische Volksmusik im Bezirk Oberfranken eingeladen.

Der „Graatzer Dreigesang“ (von links): Heinrich Geßlein, Hans-Jürgen Geßlein, Peter Bartusch
Der „Graatzer Dreigesang“ und das „Neunkirchner Torberg-Trio“ verstanden es die Herzen der rund 300 Gläubigen zu bewegen. Franziskanerpater Johannes Thum machte in schlichten Worten die Bedeutung der Passion deutlich. Er zitierte eine Neufassung des 22. Psalm von Hanne Köhler (Frankfurt). Der Psalm 22 spielt auf den Leidensweg Christi an und trägt zum Verständnis des Todes und der Auferstehung Jesu bei – eine Beschreibung des Weges durch die Tiefen der Todesangst, auf dem Gott dennoch seinem Namen treu bleibt. Auffällig war, dass der Pater nur den ersten klagenden Teil des Psalmes zitierte und den zweiten lobpreisenden Teil der Ostergeschichte vorbehielt.

Das Torberg-Trio (von links): Ottilie Held, Petra Kapp, Otto Rehm
Die Orgel schwieg an diesem stimmungsvollen Nachmittag, dafür füllten die Stimmen des Dreigesangs aus Marktgraitz den Kirchenraum. Er beeindruckte mit tradierter Gesangstechnik im fränkischen Dialekt. Das Leidensgeschichte von zelebrierten Lieder und Weisen aus dem fränkischen Raum in einer besonderen Art: schlichte Harmonien, einfache Tonfolgen und Texte, die aber in ihrer Bescheidenheit die Besucher besonders berührte. Auch beim Torberg-Trio wurde der Ausdruck fränkischer Identität in der Volksmusik deutlich: Das Bewahren des Dialekts, der Erhalt und die Weitergabe des überlieferten Liedguts, aber auch das Tragen der regionalen Tracht.
Die Mundarttexte vom Einzug in Jerusalem, von Abendmahl, Ölberg, Gefangennahme, Verhör, Geißelung und Dornenkrönung, von Kreuztragung, Karfreitagsnot und von der Hoffnung auf Auferstehung, wurden von den Gesängen und Melodien der Gruppen aufgenommen und weitergetragen. Die gemeinsam gesungenen Lieder waren „Beim letzten Abendmahle“, „O Haupt voll Blut und Wunden“ und „Jesus dir leb ich“. Tief beeindruckt waren die Gläubigen von den stimmlichen Gedanken an die Passion und nahmen sie dankbar mit in die zweite Hälfe der Fastenzeit.
Ein Wermutstropfen fiel in die „Fränkische Passion“ durch die krankheitsbedingte Absage der angekündigten Gruppen „Zwa und Zwa“ und der Volksmusikgruppe „Kemmärä Kuckuck“. Die Gläubigen vermissten auch die besinnlichen Texte der Leidensgeschichte von Marion Töppke.
Text und Bilder: Andreas Welz